In der Vergangenheit wurde der Großteil der Forschung zur Parkinson-Krankheit (PD) in der westlichen Welt durchgeführt. Aber Wissenschaft ist ein globales Unterfangen, das keine Grenzen kennt. In Kirgisistan ist das Interesse an der Erforschung der PD in den letzten Jahren gewachsen. Die Forscher standen jedoch vor erheblichen Herausforderungen, wie begrenzte Ausbildungsmöglichkeiten, unzureichende Infrastruktur und knappe Finanzmittel. Dei Überwindung dieser Hindernisse erforderte weit mehr als nur materielle Ressourcen. Es bedeutete auch, administrative Hürden zu überwinden, Vertrauen aufzubauen, Fachwissen vor Ort zu entwickeln und zwischenmenschliche Beziehungen zu pflegen.
Die Arbeiten, die genetische Architektur von PD zu verstehen, begann in Kirgisistan Ende 2023 mit dem Start meines Doktorandenforschungsprojekts. Dank der Unterstützung von GP2 ist mein Projekt die erste humangenetische Studie zu PD in diesem Land, die durch die Zusammenarbeit zwischen der Universität Lübeck und der Kyrgyz State Medical Academy ermöglicht wurde. Ich hatte das Glück, von meiner Betreuerin, Professor Christine Klein, wertvolle Unterstützung und Mentoring zu erhalten. Ihre Betreuung hat maßgeblich dazu beigetragen, eine winzige Idee in eine national anerkannte Initiative zu verwandeln.
Was als einfaches schulungsvorbereitendes Programm begann, entwickelte sich allmählich zu einer gemeinsamen Initiative, die von der GP2 Training and Networking Working Group unterstützt wurde. Trotz Herausforderungen wie dem begrenzten Zugang zu grundlegender Patientenversorgung und dem Fehlen eines strukturierten Systems für auf PD spezialisierte Neurologen haben wir uns darauf konzentriert, Vertrauen aufzubauen, relevantes Wissen zu entwickeln und die Kapazitäten vor Ort zu stärken.
Unser erster Workshop, der im März 2024 in Bischkek stattfand, brachte 30 Neurologen aus ganz Kirgisistan zusammen. Das Programm umfasste Themen wie Parkinson, atypischer Parkinsonismus, Genetik, Epidemiologie, Forschungsethik und Forschungsmethoden sowie eine grundlegende Schulung in Bioinformatik. Auch Patienten nahmen an dem Worskhop teil und lieferten wertvolle Praxisperspektiven. Wir konzipierten interaktive praktische Einheiten, die den lokalen Gegebenheiten entsprachen und sich darauf konzentrierten, wie man Parkinson-Symptome erkennt, genaue klinische Daten erfasst und innerhalb unseres kulturellen Kontexts ethisch forscht.
WWorkshop mit einem Patienten in Bischkek, März 2024.
Aber die Schulung endete nicht mit dem Workshop. Wir betreuten die Schulungsteilnehmer weiterhin und halfen ihnen, ihre neuen Fähigkeiten in den Bereichen Diagnose, Behandlung und Patientenrekrutierung anzuwenden. Mit der Erweiterung des Projekts zu einer landesweiten Studie gewann es auch an Dynamik. Untergruppen von Klinikern ergriffen die Initiative, Forschungsinstrumente für den lokalen Gebrauch zu übersetzen und anzupassen, und Teams begannen, über Krankenhausgrenzen hinweg zusammenzuarbeiten. Diese Bemühungen stärkten nicht nur die Forschungskapazitäten, sondern verbesserten auch die klinische Versorgung. Neurologen reisen nun regelmäßig in unterversorgte Gebiete, um Ärzte vor Ort zu unterstützen, Wissen auszutauschen und Patienten zu versorgen, die zuvor kaum oder gar keinen Zugang zu spezialisierten PD-Dienstleistungen hatten, während sie gleichzeitig Teilnehmer für die genetische Studie rekrutieren.
Zum Zeitpunkt des zweiten Workshops im Juni 2025 arbeiteten Neurologen Seite an Seite mit neu hinzugekommenen Datenwissenschaftlern der Kyrgyz State Technical University und schufen so ein dynamisches und interdisziplinäres Umfeld. Bei den Sitzungen wurde lebhaft über die Genetik und das Management von Parkinson diskutiert und die Mitglieder des Instituts für Neurogenetik in Lübeck führten die Teilnehmer in die Protokolle für die Probenentnahme und DNA-Extraktion ein. Praktische Module befassten sich mit Datenmanagement, Datenschutz, Biobanking und sicherer Dateneingabe. Der von Maria Teresa Periñán und Konstantin Senkevich geleitete Teil zum Thema Bioinformatik stieß sowohl bei Neurologen als auch bei Datenwissenschaftlern auf große Begeisterung. Die Teilnehmer zeigten hervorragende Teamarbeit, lernten voneinander und lehrten sich gegenseitig. Diese Zusammenarbeit wurde über den Workshop hinaus durch Webinare nach der Schulung und Gruppenübungen unter der Leitung lokaler Champions fortgesetzt.
(L): Prof. Dr. Christine Klein und andere Mitgliedern des Lübecker Instituts für Neurogenetik beim Vortrag. (R): Sitzung zum Thema Bioinformatik unter der Leitung von Maria Teresa Periñán und Konstantin Senkevich.
Was haben wir gelernt?
Indem wir auf die lokalen Bedürfnisse eingehen und Forschung mit praktischer Unterstützung für Patienten und Gesundheitssysteme verbinden, entwickeln wir ein Modell, das zeigt, wie Länder wie Kirgisistan ihren eigenen Weg in der Parkinson-Versorgung und -Forschung gehen können. Auch wenn wir noch einen langen Weg bis zu einer nachhaltigen Forschung vor uns haben, beweist diese Arbeit, dass ein lokaler Ansatz mit einem starken Fokus auf Weiterbildung und Kapazitätsaufbau dauerhafte Veränderungen bewirken kann. Die Parkinson-Forschung in Kirgisistan hat sich bereits von diesen ersten Schritten zu einer dynamischen, national geführten Initiative entwickelt, die nun von der kirgisischen Regierung anerkannt und unterstützt wird und uns mit der globalen wissenschaftlichen Gemeinschaft verbindet.
Unsere Geschichte inspiriert andere, in Führung und Weiterbildung vor Ort zu investieren, denn wichtige wissenschaftliche Arbeit kann und sollte überall beginnen.